Die Waschung des Toten

Die Waschung des Toten

  1. Warum wird der Tote gewaschen?

Es ist eine farz-Vorschrift (Pflicht-Vorschrift), den toten Mann oder die tote Frau so einzuhüllen, dass ihre Körper bedeckt sind. Auch der tote Mensch verdient Achtung. Diese Achtung dient zum einen dem Trost der Nahestehenden, zum anderen auch dazu, deutlich zu machen, dass der Tod nicht das Nichts bedeutet. Er ist gestorben, aber er ist trotzdem ein Mensch. Er ist gestorben aus der Perspektive des Diesseits, aber er ist in einer anderen Welt wiedergeboren. Das Waschen des Toten, so als würde man ein Neugeborenes waschen, symbolisiert geradezu das Neugeborenwerden. Es steht auch für das Beseitigen des Schmutzes, des Staubes und der Flecken, die dieser flüchtige Weg, also das weltliche Leben, auf ihm zurückgelassen hat. Nach der Waschung wird er in ein Leichentuch gewickelt, so als würde man ihm Babywäsche anziehen, und ihn dann mit großer Sorgfalt in seine Wiege herablassen.

  1. Der Tote sollte von demjenigen, der ihm am nächsten gestanden hat, oder von einer frommen und vertrauenswürdigen Person gewaschen werden.
  2. Das Waschen des Toten ist eine Farz-al-Kifaya-Vorschrift.       Bei Toten, die verbrannt, ertrunken, aufgedunsen und zerstückelt sind, ist es nicht notwendig, sie der rituellen Waschung zu unterziehen. Man begnügt sich damit, sie mit Wasser zu übergießen.
  3. Wenn von einem verstorbenen Muslim der Großteil seines Körpers zusammen mit seinem Kopf vorhanden ist, dann wird er gewaschen, in ein Leichentuch gewickelt und sein rituelles Totengebet verrichtet. Wenn er aber ohne Kopf und nur der Hälfte des Körpers gefunden wird, oder der Großteil des Rumpfes verloren ist, wird er nicht in ein Leichentuch gewickelt und es wird ebenfalls kein rituelles Totengebet verrichtet. Er wird in ein Tuch gewickelt und beerdigt.
  4. Es ist eine Mustahab-Regel, den Toten so schnell wie möglich zu waschen, in das Leichentuch zu wickeln und vorzubereiten, damit die Leiche nicht unnötig und grundlos verspätet beerdigt wird.
  5. Es ist notwendig, dass männliche Tote von männlichen und weibliche Tote von weiblichen Personen gewaschen werden. Die Wäscher müssen selbst die rituelle Waschung vorgenommen haben.
  6. Ein tot geborenes Kind wird mit einem Tuch überdeckt und beerdigt. Es ist nicht notwendig, dass man es wäscht.
  7. Es ist notwendig, dass die Waschung, wenn möglich, in geschlossenen Räumen durchgeführt wird.
  8. Soweit möglich, wird der Tote mit den Füßen in Richtung Kibla mit dem Rücken auf den Leichentisch gelegt.
  9. Der Ort, an dem die Leichenwaschung stattfindet, wird mit angenehmen Düften versehen.
  10. Die notwendigen Seifen und Reinigungsmittel müssen vorbereitet werden.
  11. Der Bereich zwischen dem Bauchnabel und den Knien des Toten wird abgedeckt. Zur Reinigung des Genitalbereichs wird ein Handschuh oder ein Lappen verwendet, wobei die Reinigung unter der Abdeckung ausgeführt wird. Danach wird beim Toten die rituelle Waschung vorgenommen, so wie man sie normalerweise bei sich selbst für die Verrichtung des rituellen Gebets durchführt.
  12. Das Waschen beginnt man mit einer Absichtsbekundung (Niyya) und der Basmala. Man sagt: „Gufranaka, ya rabb“ (Nun steht er allein vor deiner Vergebung und Gnade. Verzeihe ihm, o barmherziger Allah.“

 

    II. Die Ausführung der rituellen Waschung beim Toten

  1. Nach der Niyya und der Basmala wird beim Toten die rituelle Waschung durchgeführt. Mit der rituellen Waschung wird beim Gesicht angefangen. In Mund und Nase wird kein Wasser eingeführt. Die Lippen werden innen und außen, die Nasenlöcher und der Bauchnabel werden mit dem Finger, oder einem um den Finger gewickelten Lappen so gut es geht abgewischt. Danach werden die Hände und Arme gewaschen. Nach authentisch belegter Auffassung wird am Haupt der Mas‘h ausgeführt (mit feuchter Hand überstrichen) und anschließend ohne Unterbrechung die Füße gewaschen. Auf diese Weise hat der Tote die rituelle Waschung erhalten.
  2. Bei Kindern, bei denen die Verrichtung des rituellen Totengebets nicht Farz (Pflicht) ist, wird keine rituelle Waschung vorgenommen.
  3. Nach der rituellen Waschung wird der Tote mit lauwarmem Wasser übergossen.
  4. Zuerst wird der Tote auf seine linke Seite gelegt und seine rechte Körperhälfte gewaschen, dann wird er auf seine rechte Seite gelegt, und seine linke Körperhälfte gewaschen. Dies wird drei mal wiederholt.
  5. Dann wird der Tote leicht angehoben. Dabei wird der Tote an der Brust, der Hand oder dem Knie der ihn waschenden Person abgestützt. Nun wird der Bauch leicht abgerieben. Wenn etwas austritt, wird es mit Wasser abgewaschen und entfernt. Es ist nicht notwendig, dass man dann die rituelle Wachung des Toten erneut durchführt.
  6. Nach der Waschung wird der Tote mit einem Handtuch abgetrocknet. Beim Waschen der Leiche wird keine Watte verwendet.
  7. Die Haare werden nicht gekämmt, geschnitten, und auch die Behaarung anderer Partien des Körpers wird nicht entfernt.

  III. Die Umhüllung des Toten mit einem Leichentuch

  1. Es ist eine Farz-Vorschrift, den toten Mann oder die tote Frau so einzuhüllen, dass ihre Körper bedeckt sind.

Das Leichentuch ist ein Tuch, in das die Leiche, nachdem sie gewaschen und abgetrocknet wurde, eingewickelt wird. Dieses Tuch ist ohne Ärmel, Kragen und Nähte, und dient dazu, den Körper des Toten zu verdecken. Zugleich weist es darauf hin, dass der Mensch nichts aus dieser Welt mit sich nehmen kann, und nackt und unscheinbar, so wie er geboren wurde, wieder weggehen wird.

  1. Es ist tugendhaft, wenn das Leichentuch ein weißes Baumwolltuch ist. Es sollte darauf geachtet werden, dass das Leichentuch weder grob und minderwertig, noch protzig ist.
  2. Traditionell wird das Leichentuch beim Zusammenlegen mit Düften versehen.
  3. Das Leichentuch für Männer
  • Lifafa: Es ist ein dreilagiges Tuch, das den ganzen Körper abdeckt. Es ist ungenäht, ohne Ärmel und Kragen. Es reicht vom Kopf bis zu den Füßen. Es wird an den Kopf- und Fußenden zusammengeknotet. Es ist etwas länger als der Izhar (unterer Teil des zweiteiligen Ihram-Gewandes, das die Hadsch- und Umrapilger tragen)
  • Kamis: Der Kamis hat die Gestalt eines Hemdes. Damit wird der Teil des Körpers oberhalb der Hüfte abgedeckt. Es ist ein Tuch, das vom Halsbereich bis zu den Füßen reicht.
  • Izar: Der Izar hat die Gestalt eines Rockes. Es ist ein Tuch, das anstelle eines Rockes vom Kopf bis zu den Füßen reicht.
  1. Das Leichentuch für Frauen
  • Zusätzlich zu den für Männer notwendigen drei Tüchern sind zwei weitere Tücher nötig.
  • Kopftuch
  • Ein Tuch, das von der Brust bis zum Bauch reicht, und die Brust abdeckt.
  1. Das bisher Genannte betrifft die Anzahl der Tücher, die gemäß Sunna für die Einhüllung in das Leichentuch notwendig sind. (Kafan al-Sunna) Wenn Tücher in dieser Anzahl nicht zur Verfügung stehen, dann reichen für den Mann auch Izar und Lifafa, und für die Frau zu diesen zusätzlich ein Kopftuch. (Kafan al-Kifaya) Und wenn auch diese Anzahl nicht zur Verfügung steht, und nur ein Stück Tuch gefunden werden kann, dann wird die Leiche, sei es Mann oder Frau, in dieses eine Stück Tuch eingewickelt. (Kafan al-Zarura)
  2. Zunächst wird die Lifafa in einem Sarg oder auf etwas wie eine Strohmatte oder Teppich ausgebreitet. Darüber wird der Izar ausgelegt. Danach wird der Tote im Leichenhemd auf den Izar gelegt. Wenn die Leiche ein Mann ist wird der Izar zuerst von seiner linken Seite her auf seine rechte Seite gezogen, und eingewickelt. Dann wird die Lifafa genauso umgewickelt. Wenn befürchtet wird, dass sich die Wicklung öffnet, dann kann das Leichentuch auch mit einem Stoffband festgebunden werden.
  3. Wenn die Leiche eine Frau ist, werden ihre Haare zu zwei Seiten geteilt und über das Leichenhemd auf ihre Brust gelegt, und darauf das Kopftuch gelegt, so dass es auch das Gesicht verdeckt. Danach wird darüber der Izar gewickelt und über dem Izar ein Brusttuch festgebunden. Dann wird die Lifafa um sie herumgewickelt. Das Brusttuch kann auch nach der Lifafa festgebunden werden.